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Wie Customer Excellence NICHT geht.

Da sitzt man harmlos über den Vorbereitungen zum Jahresabschluss und kann sein geschultes Marketingauge doch nicht ganz schließen vor den erstaunlichen Fehltritten selbst renommierter Unternehmen. So geschehen an einem Sonntagnachmittag, auf der Suche nach einer Steuerbescheinigung. Harmlos geht man auf die Webseite des bis dato bekannten Partner-Geldinstituts. Um beim Log-In plötzlich weitergeleitet zu werden auf einen völlig neuen Namen. Um erschrocken in einer grauschlammgrünen Sauce zu landen.

 

Bankname… noch nie gehört. Ohne weitere Erklärungen bemerke ich, dass ich verkauft wurde. Das wird mir serviert als Selbstverständlichkeit. Und oben in der URL steht so sympathisch „landingpage“. Aha. Ich bin gelandet.

Vom wenig ansprechenden Äußeren und einem etwas antiquiert wirkenden Auftritt irritiert, schau ich mir das Menü an, um mich zurechtzufinden. Und was sehe ich? Es gibt Privatkunden, vermögende Kunden, Firmenkunden… und dann gibt es noch die jungen Leute. Darf ich mal vermessen auf „vermögende Kunden“ klicken? Ob ich es wage? Nur mal so aus Neugier? Das ist ein wenig wie bei der Arztpraxis, wo ich neulich anrief und mich vor dem ersten persönlichen Kontakt durch die Computeransagen outen musste. Sind Sie Kassenpatient, dann drücken Sie bitte die 1, sind Sie Privatpatient dann drücken Sie bitte die 2. Sind Sie ein schnöder Privatkunde, dann klicken Sie bitte hier. Sind Sie vermögend, ja dann… Für manche ist 1.000 Euro sehr viel Geld, für andere der Griff in die Portokasse. Wer mag denn vermögend sein? Und bin ich als Privatkunde dann ein Kunde zweiter Klasse? Tja. Als Freiberufler bin ich hier privat unterwegs, bin aber irgendwie auch ein Firmenkunde, fühle mich im Herzen noch jung…und hadere mit philosophischen Erwägungen zum Vermögensstatus, fühle ich mich doch im Inneren reich in dem Bewusstsein, für die Bank kein Wealth Management Ziel zu sein.

Zu diesen ganzen Zielgruppenunsäglichkeiten – die sich beim Klicken in die Rubriken noch vertiefen – gesellt sich der altbackene Auftritt mit den schrecklichen, dumpfdepressiven Farben. Dazu klebrige, altbekannte und einfallslose Stockfotos von glücklichen Familien mit herzigen Babies auf Couchen im postmodernen Wohnungsambiente oder Stereotype, die mich umwerfen. Beim Wealth Mangement ein älterer, distinguierter Mann mit Weste und Krawatte. Beim Freiberufler die junge Frau, die in ihr Smartphone lacht. Und so weiter.  Ach Leute. Wir haben 2020. Das Marketing dieser Bank sollte man teeren und federn. Abgesehen davon, dass meine kleine Entscheiderseele niemals zu einer Bank wechseln würde, die so gestrig unterwegs ist. So viel zum Thema Webseite als Touch-Point. Ist natürlich nur meine ganz persönliche, heimliche Meinung. Also nicht weitersagen.

Gastautor: Cora Hillekamp | http://www.corahillekamp.de

Markt- und Kommunikationsexpertin. Interimsmanagerin, Marken-Checkerin, Texterin, Strategin, Konzeptionerin u.v.m.

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